Maximilian Zitter
Eisenbahner. Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime. Hingerichtet.
Lebenslauf
Maximilian Zitter wurde am 7.8.1901 in Tschirnig (Kärnten) St. Georgen/Lengsee geboren. Er war Eisenbahner in St. Veit/Glan.
Kassiber, ohne Datum (Auszug)
"An Frau Hermann oder Huber, St. Veit, Glan.
Bitte dieses Gesuch abschreiben, nachstehende Frauen unterschreiben lassen und dann Hr. Polanz oder Rom Martin bitten es bittlich dem Hr. Gauleiter Dr. Rainer zu überreichen: Hermann, Huber, Schlömmer, Essmann, Kuchler, Zitter, Krug, Trippelt, Waste, Zimmermann, Höfernig, Truk, Macher, Grojer, Brunner, Pleskott, Täferle, Kienberger, Salzmann.
Hochgeschätzter Herr Gauleiter!
Die unterzeichneten Frauen bitten Sie, hoch geehrter Herr Gauleiter, ihnen in einer Angelegenheit helfen zu wollen, die äußerst schwierig ist. Aus Mangel an politischer Schulung, teilweise auch Verblendung und Nachhängen an überholten Ideen ist es unseren Männern eingefallen, sich heimlich in einer Weise zu betätigen, die nicht im Interesse unseres Vaterlandes gelegen sein konnte. Nun sie im Gefängnis über das Ganze gründlich nachzudenken in der Lage sind, hat freilich jeder das Verwerfliche seiner Handlungsweise eingesehen und bereut bitter seine Verfehlung. Da aber der Schaden, der dem Reiche sowohl in moralischer als auch materieller Hinsicht zugeführt wurde, wohl noch gutzumachen ist, bitten wir Hr. Gauleiter aus ganzem Herzen, für unsere Männer eine Gnade zu erwirken. Es handelt sich meist um Eisenbahner..."
Quelle: Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. Band 4, Seite 2174. Wiener Stern Verlag 2016
An seine Familie, aus der Todeszelle E 80 im Landesgericht I Wien, vom 7.6.1942 (Auszug)
"Meine innigsten Geliebten! Meine innigsten Grüße und Küsse euch allen und meinen besten Dank für deinen lieben Brief und das Bildchen, das mir Mutter gebracht. Ihr macht mir immer noch Freude, und ich kann für euch gar nichts mehr tun. Ich begreife so sehr deine vielen Sorgen und möchte sie dir gerne abnehmen - wenn ich es doch könnte. Ach, wenn ich das Glück hätte, noch einmal für euch, meine Lieben, arbeiten und sorgen zu können. Wenn ich das Bildchen ansehe, glaube ich, aufheulen zu müssen vor Weh und Seelenqual. Es ist fast nicht zu fassen, dass so streng geurteilt wurde. Wenn es mir doch erspart bliebe, einen so schmachvollen Tod erleiden zu müssen. Du schreibst, vielleicht geschieht ein Wunder. Das könntest nur du erwirken, wenn es dir gelingt, die ganzen Umstände, die damals zu meiner seelischen Zerrüttung und Verwirrung beigetragen haben, sowie meine vollbrachten Leistungen an die maßgebliche Stelle richtig vorzubringen..."
Quelle: Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. Band 4, Seite 2182. Wiener Stern Verlag 2016
Widerstand, Verhaftung, Todesurteil
Im Oktober 1941 wurde Maximilian Zitter verhaftet und am 25. 4. 1942 vom Reichskriegsgericht in Klagenfurt gemeinsam mit Ludwig Höfernig, Richard Götzinger, Andreas Waste, Johann König, Karl Zimmermann, Peter Schlömmer, Josef Straubinger, Michael Essmann und Josef Kuchler zum Tode verurteilt. Am 30.6.1942 wurde er im Landesgericht I in Wien hingerichtet.
Aus dem Urteil
„Der Angeklagte besitzt seit 1934 ein Vier-Röhren-Rundfunkgerät. Mit ihm hörte er bis 1939 regelmäßig ausländische Sender. Dies wurde unterbrochen, weil der Empfänger versagte. Zitter ließ ihm im Sommer 1941 in Ordnung bringen und nahm sofort den Auslandsempfang wieder auf. Vor allem hörte er den ’Sender der Europäischen Revolution‘. Er wusste, dass es sich um einen Feindsender handelte. Bei diesem Abhören vernahm er am 2. 7. 1941 auch einen Aufruf an die österreichischen Eisenbahner, den Eisenbahnverkehr zu stören. Gegen Mitte Juli 1941 erfuhr der Angeklagte, dass vom 18. 7. an italienische Truppen auf der von ihm dienstlich befahrenen Strecke Klagenfurt – St. Veit an die Ostfront geführt werden sollten. Er beschloss entsprechend der Aufforderung des Senders solche Züge auszuhalten.“
Gedenktafel, Denkmal
Sein Name steht auf der am 30. 6. 1946 enthüllten Gedenktafel am Bahnhof in St. Veit, ebenso auf dem Denkmal am Friedhof in St. Veit/Glan.
Gedenkort - Landesgericht für Strafsachen Wien
Im ehemaligen Hinrichtungsraum des Landesgericht für Strafsachen Wien findet sich sein Name auf einer der Gedenktafeln.
Gedenkstätte am Friedhof in St. Veit/Glan
Die Gedenkstätte befand sich am Wiener Zentralfriedhof (37-42-19). Im April 1947 Exhumierung und Kremierung. Im Mai 1947 Beisetzung am Friedhof in St. Veit/Glan.
Gedenkort - Gruppe 40, Zentralfriedhof
In der Gruppe 40 wurden die im Wiener Landesgericht Hingerichteten beerdigt. 2013 wurde die Gruppe 40 zur Nationalen Gedenkstätte erklärt.
Quellen und Bildnachweise
- Willi Weinert, "Mich könnt ihr löschen, aber nicht das Feuer". 4. Auflage Wiener Stern Verlag, 2017
- Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. 4 Bände. Wiener Stern Verlag 2016
- Porträtbild: Willi Weinert oder Wiener Stern Verlag
- Bild Fallbeil/Guillotine: Leihgeber Kurt Brazda
- Andere Bildrechte: Angabe bei Anklicken des Bildes (Bildinformation)
- Andere Bilder: Privatbesitz oder Verein Zur Erinnerung
Hauptwerke zur Gruppe 40
- Willi Weinert, „Mich könnt ihr löschen, aber nicht das Feuer“. Biografien der im Wiener Landesgericht hingerichteten WiderstandskämpferInnen gegen das NS-Regime. Ein Führer durch die Gruppe 40 am Wiener Zentralfriedhof. 4. Auflage Wiener Stern Verlag 2017
- Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. 4 Bände. Wiener Stern Verlag 2016
Weiterführende Informationen
- DÖW Katalog zur permanenten Ausstellung. Hg. v. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, Wien 2006
- Wolfgang Neugebauer, Der österreichische Widerstand 1938-1945, Wien 2008
- Die Geschichte des Grauen Hauses und die österreichische Gerichtsbarkeit, Wien 2012
- DÖW (Hg.) Widerstand und Verfolgungen in den österreichischen Bundesländern (Wien, Burgenland, Oberösterreich, Tirol, Niederösterreich, Salzburg), Wien 1975-1991
- Heinz Arnberger, Claudia Kuretsidis-Haider (Hg.) Gedenken und Mahnen in Niederösterreich. Erinnerungszeichen zu Widerstand und Verfolgung, Exil, Befreiung, Wien 2011
- Brigitte Bailer, Wolfgang Maderthaner, Kurt Scholz (Hg.), „Die Vollstreckung verlief ohne Besonderheiten“, Wien
- Herbert Steiner, Gestorben für Österreich. Widerstand gegen Hitler. Eine Dokumentation, Wien 1995
- Herber Steiner, Zum Tode verurteilt: Österreicher gegen Hitler. Eine Dokumentation, Wien 1964
Web-Hinweise
- www.sternverlag.at - Wiener Stern Verlag
- www.doew.at - Dokumentationsarchiv des österr. Widerstands
- www.kz-verband.at - KZ-Verband/VdA
- www.freiheitskämpfer.at - Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen
- www.oevp-kameradschaft.at - ÖVP Kameradschaft der politisch Verfolgten
- www.nachkriegsjustiz.at - Zentrale österr. Forschungsstelle Nachkriegsjustiz
- www.archiv.wien.at - Wiener Stadt- und Landesarchiv
- www.friedhoefewien.at - Friedhöfe Wien